4. Adventssonntag

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

4. Adventssonntag

Das Tagesgebet der Messe am 4. Adventssonntag ist auch als Abschlussgebet des Engel des Herrn bekannt:

Allmächtiger Gott, gieße deine Gnade in unsere Herzen ein. Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung Christi deines Sohnes erkannt. Führe uns durch sein Leiden und Kreuz zur Herrlichkeit der Auferstehung.

Das Gebet ist dem Sacramentarium Gregorianum entnommen, das Papst Hadrian Ende des 8. Jahrhunderts an Karl den Großen gesandt hatte, und dessen älteste Teile wohl auf die erste Häfte des 7. Jahrhunderts zurückgehen. Im sog. Gregorianum-Hadrianum finden wir die Oration als Schlussgebet (GrH, ed. Deshusses, Nr. 143) der Messe am Fest der Verkündigung des Herrn (25. März):

Gratiam tuam domine, mentibus nostris infunde, ut qui angelo nuntiante christi filii tui incarnationem cognouimus, per passionem eius et crucem ad resurrectionis gloriam perducamur.

Eine eigene Messe für den 4. Adventssonntag ist in den ältesten römischen Liturgiebüchern nicht enthalten. In der Nacht vom Samstag auf den 4. Adventssonntag wurde in Rom eine Vigilmesse gefeiert, die am frühen Sonntagmorgen endete. Daher blieb der Sonntag ohne eigene Messe. Im Gregorianum-Hadrianum, das die römische Bischofsliturgie wiederspiegelt, ist an Stelle des 4. Adventssonntag lapidar vermerkt Dom. vacat. (Das Sonntagsofficium fällt aus.) Eine dann folgende Messe ist nicht in allen Handschriften enthalten. Im etwas älteren Altgelasianische Sakramentar endet das Kirchenjahr schlicht mit der Vigil vom Samstag auf den Sonntag (der Advent, als neuere Enwicklung der Liturgiegeschichte wurde zuerst an das Kirchenjahr angehängt, was einem stärker eschatologisch geprägten Charakter entsprach). Entsprechende Messtexte für den letzten Sonntag mussten erst später hinzugeschrieben werden, für die Orte, an denen die römische Vigil nicht gefeiert wurde, wozu man dann häufig Texte der vorausgegangenen Tage mitbenutzte (vgl. P. Regan, Dall'avvento alla pentecoste, Bologna 2013, 41-42).

In der Liturgiereform nach dem 2. Vatikanum war man nun bemüht, passende Orationen für den 4. Adventssonntag zu finden, nachdem die Leseordnung neu gefasst worden war und der 4. Adventssonntag auch eigene Evangelientexte bekommen hatte. (Im Messbuch von 1570-1962 wird am 4. Advent das Evangelium vom vorhergehenden Samstag wiederholt.) Das alte Schlussgebet aus der Messe vom 25. März bot sich hier an, da es perfekt zum doppelten Charakter des Adventes als Vorbereitung auf das Weihnachtsfest und auch auf die endgültige Wiederkehr Christi passt und die Thematik der Inkarnation, die in der 1. Lesung und im Evangelium des Sonntags im Mittelpunkt steht, aufgreift.

Die Oration lenkt den Blick von der Inkarnation (Durch die Botschaft des Engels haben wir die Menschwerdung deines Sohnes erkannt.) direkt auf Ostern, auf Tod und Auferstehung Christi und bittet, dass auch wir zur Herrlichkeit der Auferstehung gelangen, die sich in der eschatologischen Zukunft ereignet. Auf diese Weise vereint dieser kurze Text auf anschauliche Weise die erste mit der zweiten Ankunft des Erlösers und verbindet so den letzten Adventssonntag mit den ersten beiden, an denen wir um den Platz zu seiner Rechten, wenn er wiederkommt in Herrlichkeit (Tagesgebet am 1. Adventssonntag) und die Gemeinschaft mit ihm, dem wir entgegengehen (Tagesgebet am 2. Adventssonntag) gebetet haben.

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Eine Randbemerkung: Manchmal findet man die Erläuterung, dass man nicht von der Inkarnation oder Geburt Christi reden dürfe, sondern nur von der Menschwerdung/Geburt Jesu, da Jesus erst in seiner Auferstehung zum Christus wird. Die alten liturgischen Texte lassen hier allerdings keinen Unterschied erkennen. So heißt es eben auch in der heutigen Oration: christi filii tui incarnationem cognouimus - haben wir die Menschwerdung Christi, deines Sohnes, erkannt.

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