8. Dezember: Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

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Die Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium des Zweiten Vatikanischen Konzils sagt in Artikel 103:

Bei der Feier des Jahreskreises der Mysterien Christi verehrt die heilige Kirche mit besonderer Liebe Maria, die selige Gottesgebärerin, die durch ein unzerreißbares Band mit dem Heilswerk ihres Sohnes verbunden ist.

Diese Wertschätzung Mariens spiegelt sich in den marianischen Festen des Kirchenjahres wider. Während bei den Heiligenfesten in der Regel deren Tod als Teilnahme am österlichen Geheimnis des Todes und der Auferstehung Jesu im Vordergrund steht, wird bei Maria ihr Dienst am Werk der Erlösung hervorgehoben (vgl. R. Berger, Kleines liturgisches Lexikon, Zagreb 1993, 86). Daher sind alle Marienfeste dem Erlösungswerk Christi untergeordnet. Das bedeutet, dass wir an jedem Marienfest, das feiern, was Gott für uns in Geburt, Leben, Tod und Auferstehung seines Sohnes Jesus Christus getan hat. Im derzeit gültigen liturgischen Kalender von 1969 kennt die Kirche drei Hochfeste, zwei Feste, vier gebotene und vier nicht gebotene Gedenktage Mariens. Das älteste der drei Hochfeste ist das Hochfest der Gottesmutter, welches als Teil der Weihnachtsoktav am 1. Januar gefeiert wird. Es folgt die Aufnahme Mariens in den Himmel (Mariä Himmelfahrt), das in der römischen Liturgie seit dem 7. Jahrhundert bekannt ist. Das Neueste ist schließlich das „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“, das wir jedes Jahr am 8. Dezember in der Adventszeit feiern.

Was verbirgt sich also hinter diesem etwas sperrigen Titel? Das Fest geht zurück auf das Dogma der „unbefleckten Empfängnis“ Mariens, das Papst Pius IX im am 8. Dezember 1854 feierlich verkündet hat. In diesem Dogma wird als Glaube der Kirche festgehalten,

dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch die einzigartige Gnade und die Bevorzugung des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt wurde (Pius IX., Bulle Ineffabilis Deus [8.12.1854], DH 2803).

Dies ist der Wortlaut der lehramtlichen Definition aus dem Jahr 1854, daher kann auch das Fest in seiner heutigen Form nicht älter als dieses Datum sein; als Marienfest schaut es aber dennoch auf eine 1300-jährige Geschichte zurück.

Bereits im 7. Jahrhundert existierte ein Fest der „Empfängnis der hl. Anna“, der Mutter Mariens, welches im byzantinischen Raum am 9. Dezember gefeiert wurde. Übersiedler aus Osteuropa brachten es im 9. Jahrhundert auf ihren Reisen nach Süditalien, Frankreich und England, wo sich dann der Festinhalt änderte und die Empfängnis Mariens im Schoß der hl. Anna in den Vordergrund gerückt wurde. Konsequenterweise verschob man auch den Tag auf den 8. Dezember, der genau 9 Monate vor der Geburt Marias liegt, deren Feier (8. September) bereits im 5. Jahrhundert nach dem Konzil von Ephesus (431) begonnen hatte. Auf diesem Konzil wurde bestätigt, dass Maria als Gottesgebärerin bezeichnet werden darf, da ihr Sohn Jesus zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts findet sich das Fest dann im sogenannten Messbuch der römischen Kurie unter dem Titel „Empfängnis der seligen Jungfrau“. Im Jahr 1476 genehmigte Papst Sixtus IV. das Fest für Süditalien, Frankreich und England, und Papst Clemens XI. dehnte 1708 die Feier auf die gesamte römische Liturgie als „Empfängnis der seligen Jungfrau Maria“ aus.

Oft wurde für ein neues Fest im Kirchenjahr nicht von Anfang an auch ein neues Messformular mit allen Gebeten erstellt, sondern man nahm ein vorhandenes Formular, das die jeweilige Ortskirche für angemessen und geeignet hielt. Das war auch in diesem Fall so. Im Missale Romanum des 14. Jahrhunderts wurde einfach das Formular vom 25. März, dem Fest der Verkündigung des Herrn, wiederholt. Im Tagesgebet der Messe betete die Kirche:

Gott, du wolltest, dass dein Wort durch die Verkündigung des Engels menschliche Natur annahm aus der Jungfrau Maria annahm, von der wir wirklich glauben, dass sie die Gottesgebärerin ist.

 Obwohl das Fest den Titel „Empfängnis der seligen Jungfrau“ trug, unterstreicht das Gebet den Glauben, dass Maria Gottesgebärerin ist. Diese Oration, die gegen Ende des ersten Jahrtausends weit verbreitet war, stützt sich auf die vom Konzil von Ephesus bestätigte Lehre von Maria als Gottesgebärerin. Nach dem Trienter Konzil schrieb das Römische Messbuch von 1570 für das Fest der Empfängnis Mariens das Formular des Festes Mariä Heimsuchung vor, das heute am 31. Mai (damals am 2. Juli) gefeiert wird.

Im Tagesgebet wird die Geburt Marias erwähnt:

Gott, gib deinen Dienern himmlische Gnade, damit denen, für die die Geburt der seligen Jungfrau der Beginn des Heiles ist, das Fest ihrer Heimsuchung einen Zuwachs an Frieden schenkt.

Erst nachdem Papst Pius IX. im Jahr 1854 die Lehre von der unbefleckten Empfängnis feierlich verkündet hatte, konnte die Kirche die liturgischen Texte in diesem Sinne weiter präzisieren und neue Gebete formulieren. Eine neue Ausgabe des Römischen Messbuchs wurde 1863 veröffentlicht und enthält nun die Messgebete für unser Fest, die wir auch heute noch verwenden.

Das Tagesgebet lautet in heutiger deutscher Übersetzung wie folgt:

Großer und heiliger Gott, im Hinblick auf den Erlösertod Christi hast du die selige Jungfrau Maria schon im ersten Augenblick ihres Daseins vor jeder Sünde bewahrt, um deinem Sohn eine würdige Wohnung zu bereiten. Höre auf ihre Fürsprache: Mache uns frei von Sünden und erhalte uns in deiner Gnade damit wir mit reinem Herzen zu dir gelangen.

Diese Oration offenbart den Festgehalt und gleichzeitig den Sinn der Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariens: Gott hat seinem Wort, das Mensch werden sollte, von Anfang an eine würdige Wohnung bereitet, und deshalb seine Mutter, von Beginn ihres Lebens an, von der Erbsünde bewahrt, d.h. sie war frei das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe zu leben, ohne die Versuchung, ihr Leben auf Kosten anderer zu führen.

In der Gabengebet bittet die Kirche:

Herr, unser Gott, in deiner Gnade hast du die selige Jungfrau Maria auserwählt und vor jeder Sünde bewahrt. An ihrem Fest feiern wir das Opfer, das alle Schuld der Menschen tilgt. Befreie uns auf ihre Fürsprache aus der Verstrickung in das Böse, damit auch wir heilig und makellos vor dir stehen.

Es sei daran erinnert, dass das Messbuch von 1863 nur neun Jahre nach der feierlichen Definition des Dogmas veröffentlicht wurde, das mit den Worten endet:

Diese Lehre „ist von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und beständig“ zu glauben (DH 2803).

Aus diesem Grund betont die Oration erneut unseren Glauben daran, dass Gott Maria „in seiner Gnade auserwählt und vor jeder Sünde bewahrt“ hat, und die Kirche bittet in der Oration darum, dass auch wir auf ihre Fürsprache von der Verstrickung in das Böse bewahrt bleiben, damit wir heilig und makellos vor Gott stehen und so zur würdigen Wohnung für Gottes Geist werden.

Das Schlussgebet wendet sich erneut dem Thema der Erbsünde zu und paraphrasiert einen Teil des Textes des Dogmas:

Herr und Gott, das Sakrament, das wir empfangen haben, heile in uns die Wunden jener Schuld, vor der du die allerseligste Jungfrau Maria vom ersten Augenblick ihres Daseins an auf einzigartige Weise bewahrt hast.

Von Anfang an hat Gott Maria von jeglichem Makel der Urschuld bewahrt, und wir bitten, dass auch in uns die Wunden dieser Schuld geheilt werden. Jeder Mensch erlebt in seinem Leben Situationen, die ihm und anderen zusetzen und die er nicht mehr allein in Ordnung bringen kann. Gerade in solchen Situationen bitten wir um Gottes Hilfe, dass er im Hinblick auf das ewige Leben in seinem Reich all das unter uns Menschen wieder in Ordnung bringe, was wir aus eigener Kraft nicht richten können. Die Oration wird in der Messe nach dem Kommunionempfang gebetet, daher kann diese Bitte zur im Zusammenhang mit der Mitfeier der Eucharistie und ihrem Empfang in der Kommunion verstanden werden: in dieser Feier ist Christus wahrhaft gegenwärtig als der, der die Wunden der Urschuld in uns heilt.

Wie jedes Marienfest offenbart auch das „Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria“ den Glauben an die Erlösung durch Tod und Auferstehung Christi. In Maria zeigt sich bereits von Beginn ihrer Existenz an das, was uns alle erwartet: Bei der Auferstehung werden auch wir von jeglichen Versuchungen befreit sein, die die Wunde der Urschuld mit sich bringt. Auf dem Weg dorthin lässt uns Jesus Christus nicht allein; die Eucharistie ist das Unterpfand für seine wirkende Gegenwart unter uns Menschen.

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