War die Formel "Ich taufe dich im Namen..." schon immer Teil der Tauffeier?

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

War die Formel "Ich taufe dich im Namen..." schon immer Teil der Tauffeier?

Was das Glaubensbekenntnis und das Untertauchen im Wasser bei der Taufe angeht, so haben Osten und Westen von Anfang an unterschiedliche Traditionen (vgl. P. Bradshaw, Early Christian Worship, SPCK, London ²2010, 38-45). Während im Osten die Absage an das Böse und das Bekenntnis des Glaubens am Beginn der Taufriten stehen, bezeugt Ambrosius (* 339 in Trier, 374 zum Bischof von Mailand gewählt, + 397 in Mailand), dass in seiner Region das dreifache Untertauchen im Wasser begleitet wurde von einem dreifachen Glaubensbekenntnis in Frageform (De sacramentis 2,20). Dreimal wurde der Kandidat gefragt "Glaubst du...?" und dreimal antwortete der Kandidat "Ich glaube." Jeder Frage und Antwort folgte jeweils ein Eintauchen in das Taufwasser. Eine "Taufformel" war Ambrosius nicht bekannt.

In Jerusalem vermischen sich die beiden Tradtionen, und Cyril von Jerusalem (313 - 386) bezeugt für seine Gegend die Hinzufügung einer dreifachen Taufbefragung nach westlichem Vorbild im Moment des Untertauchens (Mystagogische Katechese 2,4).

Die Syrische Taufformel ("Ich taufe dich im Namen...") hingegen verbreitete sich über Ägypten im 5. und 6. Jahrhundert in Westen hinein und änderte sich in der Formulierung: Die ältesten Syrischen Quellen bezeugen die Formel "Ich taufe dich im Namen Jesu", während später dann, mit Aufkommen der trinitarischen Differenzierungen, auch eine trinitarische Taufformel bezeugt ist. Jedenfalls verdrängt die Taufformel im Westen die dreifache Glaubensbefragung im Moment der Taufe, und lässt sie so zu einem vorbereitenden Ritus werden. Wegen dieser Änderung im entscheidenden Teil des Taufritus, wird es späteren Theologen einfacher, in der Erklärung der Taufe die Betonung der essenziellen Wichtigkeit des eigenen Glaubens des Täuflings zugunsten einer Unterstreichung des Wirkens der Gnade Gottes aufzugeben.

Die Formel, die in den westlichen Liturgien die Taufe heute begleitet ("Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes") und in der die Scholastiker die Form des Sakramentes zu erkennen glaubten, war also bis in das 5./6. Jahrhundert im Westen unbekannt. In Syrien hingegen wurde diese Formel bald abgeändert. In der Formulierung "Ich taufe dich..." glaubte man eine Überbetonung des Handelns des Priesters zu erkennen und setzte daher zunehmend auf eine passive Formel: "N. wird getauft...". Diese Formel verbreitete sich dann im ganzen Osten.

Die Abtrennung des dreimaligen Glaubensbekenntnisses vom eigentlichen Taufritus und die damit einhergehende Akzentverschiebung von der Betonung des persönlichen Glaubens hin zu einer Betonung des Gnadenwirkens Gottes, bereitet letztendlich den Weg zu einer theologischen Erklärung der Kindertaufe. Es ist unsicher, wann die Praxis begann, auch Kinder zu taufen. Alles ist hier Abhängig von der Interpretation der Hinweise auf die Taufe von gesamten "Haushalten" im Neuen Testament (Apg 16,15; 1 Kor 1,16). Sind das Hinweise auf die Taufe auch von sehr jungen Kindern oder nicht? Endgültig zu klären ist das nicht. Die frühe Christenheit scheint in der Praxis der Kindertaufe unterschiedliche Wege gegangen zu sein. Einige Ortskirchen tauften Kinder so früh wie möglich, andere Kirchen hingegen warteten mit der Taufe Tage, Wochen oder Jahre. Während Cyprian (+258) von Carthago in Nordafrika darauf insistiert, dass keine Notwendigkeit besteht, mit der Taufe eines Kindes bis zum achten Tag nach der Geburt zu warten, wie es hier und da in Anlehnung an das biblische Gebot der Bescheidung üblich war (Epistulae 64,2), legt Gregor von Nazianz in Kappadozien im Jahr 381, also über 100 Jahre nach Cyprian, Wert darauf, dass Kinder erst im Alter von ungefähr drei Jahren zu taufen sind, wenn sie die Tauffragen selbst beantworten können und, wenigstens in gewisser Weise, den christlichen Glauben verstehen können (Orationes 40,28). Wahrscheinlich sind die Ursprünge der Kindertaufe schlichtweg vom Wunsch der Eltern bedingt, die ihren Kindern die Gnadengaben, die sie in der Taufe zu empfangen glaubten, nicht vorenthalten wollten.

Spätere Theologen, vor allem im 5. Jahrhundert und danach, sehen sich vor die Aufgabe gestellt, die Praxis der Kindertaufe theolgisch zu erklären. Wie so häufig, folgt auch hier die Theologie auf die Praxis. Augustinus (354-430, getauft 387) trifft dabei auf ein Problem: Eine der besonderen Wirkungen der Taufe ist die Vergebung der Sünden. Nun ist aber klar, dass ein neugeborenes Kind nicht gesündigt haben kann. Da die Kirche nun aber Kinder tauft und ihnen in der Taufe Sünden vergeben werden (sonst wäre es eine Taufe ohne eine ihrer wichtigsten Wirkungen, also eine unvollständige Taufe, was für Augustinuns nicht möglich ist), schließt er daraus, dass Kinder folglich die Ursprungssünde Adams "geerbt" haben müssen und entwickelt so die Theologie der Erbschuld: "Warum müsste ein Kind dem Tode Christi in der Taufe gleichgestaltet werden, wenn es nicht vollständig vergiftet wäre durch den Biss der Schlange?" (De peccatorum meritis et remissione 1,61). Wenn also eine Befreiung von der Erbschuld notwendigerweise in der Taufe geschieht, folgert er daraus, dass Kinder im Falle eines Todes vor ihrer Taufe im jenseitigen Leben einer Bestrafung unterliegen, als Konsequenz der Schuld. Allerdings nimmt er für die ungetauften Kinder nur die mildeste Art der Bestrafung an.

Gab es in den Jahrzehnten vor Augustinus die Tendenz, die Taufe soweit wie möglich, ja bis kurz vor den Tod aufzuschieben, da der Anspruch, den die Christen an sich selbst stellten, außerordentlich hoch war und eine nochmalige Vergebung von Sünden nach der Taufe nur unter großen Opfern und nur noch ein einziges Mal im Leben möglich war, sowie lebenslange Folgen für den Rekonziliierten mit sich brachte, entwickelt sich nach Augustinus aufgrund der hohen Kindersterblichkeit die gegenläufige Tendenz: Kinder werden so schnell wie möglich nach der Geburt getauft. Gleichzeitig lernen christliche Gemeinden immer mehr, mit dem Phänomen von schwerer Sünde ihrer Mitglieder zu leben und entwickeln Praktiken, auch denen, die sich durch ihre Taten aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen haben, oder von dieser zum Zwecke des Selbstschutzes ausgeschlossen worden sind, Wege der Rückkehr zu ermöglichen.

Hierauf wurdet ihr zum heiligen Bade der göttlichen Taufe geführt, wie Christus vom Kreuze weg zu dem in der Nähe gelegenen Grabe gebracht wurde. Und jeder einzelne wurde gefragt, ob er an den Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes glaube. Jeder legte das heilsame Bekenntnis ab und tauchte dreimal in das Wasser unter und wieder auf, hierdurch das dreitägige Begräbnis Christi sinnbildlich andeutend. Wie nämlich unser Heiland drei Tage und drei Nächte im Schoße der Erde verbrachte, so stiegt ihr das erste Mal empor, um den ersten Tag Christi unter der Erde anzudeuten, und tauchtet unter, um die Nacht darzustellen. Wie man nämlich bei Nacht nicht mehr sieht, bei Tag aber im Lichte wandelt, so saht ihr beim Untertauchen nichts wie bei Nacht, während es euch beim Emporsteigen Tag wurde. Im gleichen Augenblick starbt ihr und wurdet ihr geboren; jenes heilsame Wasser wurde für euch zugleich Grab und Mutter. Was Salomon bei anderer Gelegenheit gesagt hat, mag für euch passen. Er sagte dereinst: „Eine Zeit des Gebärens und eine Zeit des Sterbens“ Bei euch heißt es allerdings umgekehrt: eine Zeit des Sterbens und eine Zeit des Geborenwerdens. Eine einzige Zeit wirkt das eine wie das andere: zugleich mit eurem Tode erfolgte eure Geburt.

Cyrill von Jerusalem, "Mystagogische Katechese" 2,4

Was nun aber die Frage der Kinder betrifft, so hast du die Ansicht vertreten, man dürfe sie nicht schon am zweiten oder dritten Tage nach ihrer Geburt taufen, sondern man müsse das Gesetz der alten Beschneidung beachten, und du hast deshalb geglaubt, man dürfe ein neugeborenes Kind nicht vor dem achten Tag taufen und heiligen. Ganz anderer Meinung war unsere Versammlung. Denn dem, was du für richtig hieltest, stimmte niemand zu, sondern unser allgemeines Urteil ging vielmehr dahin, daß man keinem einmal geborenen Menschen Gottes Barmherzigkeit und Gnade versagen darf. Denn da der Herr in seinem Evangelium sagt: “Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um die Seelen der Menschen zu verderben, sondern um sie zu retten [Luk. 9, 56]", so darf, soviel an uns liegt, womöglich keine Seele verlorengehen. Denn was fehlt demjenigen noch, der einmal durch Gottes Hand im Mutterschoß gestaltet ist? Nur uns nämlich und unseren Augen scheinen die Neugeborenen im Laufe der irdischen Tage zu wachsen. Alles aber, was von Gott geschaffen wird, ist kraft der Majestät und Wirksamkeit des göttlichen Schöpfers vollkommen.

Cyprian von Carthago, "Epistulae" 64,2

Veröffentlicht in Theologie, Taufe, Sakramente

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