Wiederholbarkeit der Krankensalbung. Eine Neuerung der Liturgiereform?

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

Wiederholbarkeit der Krankensalbung. Eine Neuerung der Liturgiereform?

In Todesgefahr oder schwerer Krankheit wurde die Krankensalbung immer als wiederholbar angesehen. Allerdings verlegen theologische Überlegungen im Verlauf des zweiten Jahrtaustends sie immer weiter an das Lebensende. Auch - von der offiziellen Kirche immer zurückgewiesene - Ansichten über bleibende Verbote für einen eventuell nach der Salbung genesenden Kranken ließen die Krankensalbung zusammen mit einem zuweilen zu entrichtenden hohen Entgeld immer unbeliebter werden: ein Mensch, der nach der Salbung gesund wurde, musste zeitweilig wie ein Büßer leben. So war ihm weitgehend die Teilnahme am öffentlichen Leben untersagt, die gesalbten Hände durfte er nicht mehr zum Eid erheben (damit war er rechtlich schlichtweg geschäftsunfähig), mit den gesalbten Füßen durfte er weder Tanzen noch den Boden berühren, und in der Regel war der eheliche Verkehr ebenfalls untersagt (daher musste häufig der Ehepartner seine Zustimmung zum Empfang der Salbung geben).

Noch bevor diese Überlegungen und Ge-, bzw. Verbote greifen, legt Bischof Odo von Sully (+ 1208) in seinen synodalen Konstitutionen aus dem Jahr 1197 im 8. Kapitel folgendes fest:

  • Ad sacramentum extremae unctionis moneant populum sacerdotes, non tantum divites et senes, sed pauperes et juvenes omnes a tempore discretionis, maxime a quatuordecim annis [...].
  • Doceant frequenter populum hujusmodi sacramentum licite iterari, et saepe recipi, scilicet in qualibet magna infirmitate unde metus est mortis: et post susceptum licite reverti ad opus conjugale eum qui convaluerit de infirmitate.
  • Die Priester sollen das Volk zum Empfang des Sakramentes der letzten Salbung anhalten, nicht nur die Reichen und Alten sondern auch die Armen und Jungen, ab dem Alter der Unterscheidung (spätestens ab dem 14. Lebensjahr).
  • Sie sollen das Volk lehren, dass es erlaubt ist, das Sakrament häufig zu wiederholen und oft zu empfangen, so in jeder schweren Krankheit, in der Angst vor dem Tod besteht. Und nach dem Empfang ist es demjenigen, der von der Krankheit genesen ist, erlaubt zum ehelichen Werk zurückzukehren.

(Odo von Paris, Synodicae constitutiones, cap. VIII, in Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, Bd. 22, hg. J. D. Mansi u. a., Venedig 1778, 680.)

Der Begriff extrema unctio (letzte Salbung/Ölung) wurde übrigens im 13. Jh. noch nicht als Hinweis auf den Tod verstanden, sondern sie war schlichtweg die letzte aller Salbungen (anl. z. B. von Taufe, Firmung, Weihe), die ein Christ im Laufe seines Lebens empfing. Als "letzte" Salbung allerdings wiederholbar.

Wenn Bischof Odo seine Priester dazu anhalten muss, auch mit den Armen das Sakrament zu feiern, kann man davon ausgehen, dass einige Priester hofften, von Reichen eher eine hohe Spende zu erhalten und daher lieber zu ihnen gingen.

Die Liturgiekonstitution des 2. Vatikanischen Konzils sagt dazu:

Die "Letzte Ölung, die auch - und zwar besser - "Krankensalbung" genannt werden kann, ist nicht nur das Sakrament derer, die sich in äußerster Lebensgefahr befinden. Daher ist der rechte Augenblick für ihren Empfang sicher schon gegeben, wenn der Gläubige beginnt, wegen Krankheit oder Altersschwäche in Lebensgefahr zu geraten.

2. Vatikanischen Konzil, Konstitution über die Hl. Liturgie (4. Dez. 1963), Art. 73

Kommentiere diesen Post

E
Soeben in die Kath. Bloggerliste eingebaut:<br /> www.bloggerliste.blogspot.de<br /> <br /> HERZLICH WILLKOMMEN !
Antworten