Überfüllte Kirchen im 5. Jahrhundert

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

Überfüllte Kirchen im 5. Jahrhundert

Am 21. Juni 445 schreibt Papst Leo der Große an den Patriarchen von Alexandria:

"Ut autem in omnibus observantia nostra concordet, illud quoque volumus custodiri, ut cum solemnior quaeque festivitas conventum populi numerosioris indixerit, et ea fidelium multitudo convenerit, quam recipere Basilica siumul una non possit, sacrificii oblatio indubitanter iteretur: ne his tantum admissis ad hanc devotionem, qui primi advenerint, vedantur hi, qui postmodum confluxerint, non recepti: cum plenum pietatis atque rationis sit, ut quoties Basilicam, in qua agitur, praesentia novae plebis impleverit, toties sacrificium subsequens offeratur. Necesse est autem, ut quaedam pars populi sua devotione privetur, si unius tantum Missae more servato, sacrificium offerre non possint, nisi qui prima diei parte convenerint." (Leo I, Epistola 9 Ad Dioscorum Alexandrinum, 2, in Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, vol. 5, ed. J. D. Mansi et al., Firenze 1761, 1142).

Damit aber in allem unser Gottesdienst übereinstimmt, wollen wir auch folgendes bewahren: wenn ein höherer Festtag eine reichlichere Teilnahme des Volkes bedingt, und eine so große Volksmenge zusammenkommt, dass die Basilika sie nicht fassen kann, muss zweifelsohne die Darbringung des Opfers wiederholt werden: damit nicht nur diejenigen zum Gottesdienst zugelassen werden, die zuerst gekommen sind, während diejenigen, die später hinzugekommen sind, keinen Einlass finden. Da es doch vollständig fromm und logisch erscheint, dass jedes Mal, wenn die Basilika, in der der Gottesdienst stattfindet, sich erneut füllt, ein folgendes Opfer dargebracht werde. Denn es ist offensichtlich, dass ein Teil des Volkes seines Gottesdienstes beraubt wird, da sie das Opfer ja nicht darbringen können, wenn die Gewohnheit einer einzigen Messe bewahrt wird, es sei denn sie kommen zu einer früheren Zeit des Tages zusammen.

Eine zweite Sonntagsmesse soll es also nur geben, wenn die Kirche derart überfüllt ist, dass nicht alle am Gottesdienst teilnehmen können. Hier wird auch einiges über das Verständnis der Eucharistie bei den damaligen Christen deutlich. Nicht der Priester bringt etwas für das Volk oder im Namen des Volkes dar, sondern alle bringen das Opfer dar und dies ist ein Recht der Christen, das man ihnen nicht verweigern darf. In der gottesdienstlichen Praxis ist es für Papst Leo selbstverständlich, dass jeder Christ seine Gaben von Brot und Wein zur Messe mitbringt (der Papst tat das auch!), die dann eingesammelt und zum Altar gebracht wurden.

Leo sorgt sich als Bischof um das Recht der Christen auf die Messfeier in einer Zeit der stetig und explosiv wachsenden Gemeinden. Grund für eine weitere Messfeier am selben Tag ist allerdings die Überfüllung der Kirche und nicht der für den einzelnen Christen gerade bequemere zeitliche Ansatz. Solang die Kirche aber nicht überfüllt ist, reicht eine Sonntagsmesse pro Gemeinde völlig aus.

Überfüllte Kirchen im 5. Jahrhundert

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