Vorbereitung der Liturgie und Auswahl der Texte: zwei oft übersehene Hinweise des Messbuchs

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

Vorbereitung der Liturgie und Auswahl der Texte: zwei oft übersehene Hinweise des Messbuchs

Das 3. Kapitel der Allgemeinen Einführung in das römische Messbuch handelt von den "Aufgaben und Diensten in der Messfeier". Im 1. Absatz geht es um die "Aufgaben und Dienste auf Grund des Weihesakramentes", während der 2. Absatz "Aufgabe und Würde des Volkes Gottes" behandelt. Dieser 2. Absatz schließt in Nr. 73 mit einer Bemerkung zur Vorbereitung der Liturgie:

Der Verlauf jeder liturgischen Feier soll im Hinblick auf rituelle, seelsorgliche und musikalische Gesichtspunkte von den Zuständigen sorgfältig gemeinsam vorbereitet werden. Die Leitung der Vorbereitung liegt beim Kirchenrektor, der auch die Meinung der Gläubigen zu den sie unmittelbar betreffenden Fragen zur Kenntnis nehmen soll.

Die Feier der Heiligen Messe. Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes, authentische Ausgabe, Allgemeine Einführung Nr. 73, Freiburg u.a. ²1975

E. J. Lengeling schreibt schon 1970, dass dieser letzte Artikel des Kapitels sicher "[...] einer der wichtigsten [...]" (E. J. Lengeling, Die neue Ordnung der Eucharistiefeier (Lebendiger Gottesdienst 17/18), Münster (4)1972, 264) ist. In seinem ersten Satz zitiert der Artikel aus der Instruktion zur Kirchenmusik von 1967 Musicam sacram der Ritenkongregation (Nr. 5, Abs. 3), fügt dann aber ganz bewusst einen Zusatz über die Konsultation der Gläubigen an. Hier ist kann heute auch vor allem an die Gruppen und Gremien der Gemeinde (Pastoralrat oder Pfarrgemeinderat, Liturgieausschuss, Gruppen liturgischer Dienste...) gedacht werden. Es soll allerdings nicht um eine zusätzliche Verkomplizierung der Vorbereitung gehen, sondern man will deutlich herausstellen, wer der Träger der Liturgie ist, nämlich die versammelte Gemeinde.

Die Zuständigen, damit sind die verschiedenen liturgischen Dienste gemeint, die im vorausgegangenen Kapitel der Einführung genannt wurden (Schola, Chor, Kantor, Organist, Ministranten, Psalmisten, Lektoren, Diakon, Küster, Kommunionhelfer...), sollen unter Leitung des Kirchenrektors (das ist in einer Pfarrkirche der Pfarrer) dabei einmütig (concordi animo ist im Deutschen etwas ungeschickt mit "sorgfältig gemeinsam" wiedergegeben) zusammenarbeiten, denn es soll ihnen um das selbe Ziel gehen: die gemeinsame Feier des Glaubens und nicht das Schwelgen in persönlichen Interessen und Vorlieben.

Letzteres wird, besonders im Bezug auf den Priester, nochmals unterstrichen im Vorwort zum 7. Kapitel der Allgemeinen Einführung, das von der Auswahl der Messformulare und der einzelnen Texte und Gebete, auch des Hochgebetes, handelt:

Der Priester soll bei der Zusammenstellung des Meßformulars mehr das geistliche Wohl der mitfeiernden Gemeinde als seine eigenen Wünsche vor Augen haben. Die Auswahl der Texte soll er im Einvernehmen mit jenen vornehmen, die bei der Feier eine bestimmte Aufgabe haben. Die Gläubigen sollen in Fragen, die sie unmittelbar betreffen, nicht übergangen werden.

Die Feier der Heiligen Messe. Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes, authentische Ausgabe, Allgemeine Einführung Nr. 313, Freiburg u.a. ²1975

Beide aus der 2. authentischen Ausgabe des Messbuchs von 1975 zitierten Nummern der Allgemeinen Einführung tauchen übrigens in der Grundordnung des Römischen Messbuchs, 3. Auflage von 2002/2008, mit einigen Ergänzungen wieder auf (GoRM 111 und 352).

Grundlegend für die Auswahl der Texte und Riten bleiben selbstverständlich die Vorschriften der liturgischen Bücher. Diese Bücher sehen allerdings auch eine große - oft unausgeschöpfte - Fülle von Auswahlmöglichkeiten vor, die bei den Verantwortlichen nicht selten unbekannt sind. Es ist durchaus sinnvoll, auch einmal in die Einleitung und die Anhänge der Bücher zu schauen, um diese unterschiedlichen Möglichkeiten zu entdecken.

Um nur ein Beispiel zu nennen: im Anhang I bietet das Messbuch Texte für das sonntägliche Taufgedächtnis (Segnung des Wassers und Besprengung). Zu Recht wird in unseren Gemeinden viel über die Bedeutung der Taufe gesprochen, den Ritus des sonntäglichen Taufgedächtnisses erlebt man hingegen höchst selten... (Der manchmal geäußerte Einwand, die Liturgiereform habe das Asperges abgeschafft, stimmt so einfach nicht.) Und: warum nicht auch einmal einfach die Ministranten fragen, welches Hochgebet sie für angemessen halten?

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