Die Nennung des Diözesanadministrators im Hochgebet

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

Die Nennung des Diözesanadministrators im Hochgebet

In allen Eucharistischen Hochgebeten nimmt die Interzession für die Kirche einen wichtigen Platz ein. Eine solche Bitte findet sich schon in den ältesten uns überlieferten Texten, so zum Beispiel in den Gebeten zur Eucharistie in der wohl frühesten bekannten Kirchenordnung, der Didachè (2. Hälfte des 1. Jahrhunderts, Syrien):

"Gedenke, o Herr, Deiner Gemeinde, daß Du sie erlösest von allem Übel und sie vollkommen machest in Deiner Liebe, 'führe sie zusammen von den vier Winden' (Mt 24,31), die Geheiligte, in Dein Reich, das Du ihr bereitet hast; weil Dein ist die Macht und die Ehre in Ewigkeit." (Did 10,5)

Auch im Eucharistiegebet der Traditio Apostolica (wohl aus dem 3. Jahrhundert und ebenfalls aus dem syrischen Raum) heißt es:

"Und wir bitten dich, sende deinen Heiligen Geist herab auf die Gabe deiner Heiligen Kirche. Lass alle, die von den Heiligen [Geheimnissen] empfangen, eins werden und gib ihnen die Fülle des heiligen Geistes zur Festigung des Glaubens in der Wahrheit, dass wir dich loben und preisen durch deinen Sohn Jesus Christus. Durch ihn sei dir Ehre und Herrlichkeit, dem Vater und dem Sohn mit dem heiligen Geist in deiner Heiligen Kirche jetzt und in Ewigkeit." (TA 4)

In der Nationalen Universitätsbibliothek von Straßburg findet sich unter der Katalognummer gr. 254 ein Papyrus, der wohl im 4. oder 5. Jahrhundert beschrieben worden ist, uns aber die Urfassung eines wohl älteren Eucharistiegebetes, aus dem sowohl die alexandrinische Markusanaphora als auch der Römische Kanon entstanden sind, überliefert (vgl. E. Mazza, L'anafora cristiana. Studi sulle origini (BEL.S 62), Roma 1992, 263-308). Auch im Papyrus Straßburg gr. 254 finden wir die Erwähnung der Kirche in der dritten Strophe der Anaphora:

"Über diesem Opfer und dieser Opfergabe bitten wir und flehen dich an: gedenke deiner heiligen und einzigen katholischen Kirche." (zit. nach Mazza, L'anafora cristiana, 209).

Die Bitte für die Kirche wird dann wenig später ausgebaut zu einer Erwähnung ihrer hierarchischen Struktur mit Nennung des Patriarchen und/oder Bischofs. In der lateinischen Kirche wird so der Bischof von Rom als der Nachfolger Petri und der jeweilige Ortsbischof namentlich im Hochgebet erwähnt. Hierbei geht es aber nicht um die Nennung und persönliche Ehrung von bestimmten Amtsträgern, so bedeutsam ihr Amt in der Kirche auch sein mag, sondern "[...] vor allem um die Einheit der einen Ecclesia catholica et apostolica toto orbe terrarum diffusa [katholischen und apostolischen auf dem ganzen Erdkreis verteilten Kirche], die im Papst als dem Bischof von Rom und dem Nachfolger Petri im jeweiligen ordinarius loci, dem Ortsbischof, und im Kollegium der Bischöfe ihre 'Fixpunkte' hat" (Th. Maas-Ewerd, «Nominari debent», in Gratias agamus. Studien zum eucharistischen Hochgebet (Fs. Balthasar Fischer), hg. A. Heinz - H. Rennings, Freiburg-Basel-Wien 1992, 269. Vgl. auch J. Ratzinger, Das neue Volk Gottes. Entwürfe zur Ekklesiologie, Düsseldorf 1969, 147-224).

Diese hierarchische Struktur der Kirche manifestiert sich im zueinander der Ämter und Dienste und ist in erster Linie göttlich legitimiert. Auch wenn Menschen in der Kirche an der Wahl der Bischöfe mitwirken, so kann dies nur im Hören auf den Heiligen Geist geschehen. Damit ist die Einheit der Kirche eine sakramentale Einheit, was durch die Übertragung des Geistes zur Leitung in der Bischofsweihe deutlich wird. Bei der Erwähnung der Kirche im Hochgebet geht es genau um diese sakramentale Einheit, gemäß der eine Kirche nicht ohne ihren Bischof und ein Bischof nicht ohne seine Kirche gedacht und gelebt werden kann (vgl. J. A. Möhler, Die Einheit der Kirche oder das Prinzip des Katholizismus, hg. R. Geiselmann, Köln 1957, 179). Hierauf weist schon im 3. Jahrhundert der zu den frühen Kirchenvätern gezählte Bischof Cyprian (+ 258, Karthago in Nordafrika) hin, wenn er in seinem Brief an Florentius schreibt:

Und auch der Herr sagt im Evangelium, als ihn die Jünger mitten in seiner Rede verließen, zu den Zwölfen gewandt: 'Wollt etwa auch ihr gehen? Petrus antwortete ihm und sprach: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast das Wort des ewigen Lebens, und wir glauben und haben erkannt, daß du bist der Sohn des lebendigen Gottes [Joh. 6,67-69],' Hier spricht Petrus, auf dem die Kirche erbaut worden war, und im Namen der Kirche lehrt und zeigt er, daß die Kirche, wenn auch eine trotzige und hochmütige Schar von Unbotmäßigen sich trennt, dennoch sich von Christus nicht entfernt, und daß nur das mit dem Bischof geeinte Volk und die ihrem Hirten anhängende Herde die Kirche bildet. Du mußt also wissen: Der Bischof ist in der Kirche und die Kirche im Bischof, und wenn einer nicht mit dem Bischof ist, ist er auch nicht in der Kirche; jene aber schmeicheln sich vergeblich, die sich heranschleichen, ohne mit den Priestern Gottes Frieden zu haben, und sich im geheimen einbilden, mit einigen wenigen eine Gemeinschaft zu haben; denn die eine, katholische Kirche ist nicht gespalten und geteilt, sondern vielmehr innig vereint und durch das Band der miteinander aufs engste zusammenhängenden Bischöfe fest verkittet.

Cyprianus, ep. 66.8

Wenn dieses von Cyprian dargelegte Kirchenmodell auf rein menschlichen Fundamenten ruhte, so wäre von Einheit wohl schnell nichts mehr zu sehen. Wenn Cyprian sagt "[...] die eine, katholische Kirche ist nicht gespalten und geteilt, sondern vielmehr innig vereint und durch das Band der miteinander aufs engste zusammenhängenden Bischöfe fest verkittet" so deutet er auf eine Wirklichkeit hin, die unser menschliches Vermögen bei weitem übersteigt. Eine zweifache Einheit ist für Cyprian und bis heute für die katholische Kirche grundlegend: die Einheit einer Ortskirche im Bischof und die Einheit der Bischöfe untereinander. Eine Einheit und Verbindung, die Menschen nicht machen können, sondern die der Kirche von Gott geschenkt wird. Notwendig ist sie, damit die Kirche den einen mystischen Leib Christi zum Ausdruck bringen kann. Daher ist ein Bischof nicht nur von Menschen gewählt oder ernannt, sondern durch die Bischofsweihe mit göttlichem Geist ausgestattet, der als Garant fungiert, dass die Einheit der Kirche nicht eine menschliche sondern eine gottgeschenkte ist. Die Repräsentation der Ortskirche im Bischof kommt nicht als Delegation von unten und auf demokratischem Wege zustande, "[...] sondern durch die Amtsübertragung und durch die Bevollmächtigung von seiten Christi selbst" (L. Scheffczyk, «Das Petrusamt in der Communio», Klerusblatt 60 (1980711) 245).

Duch die Feier der Eucharistie wird diese Einheit des Leibes Christi immer wieder dargestellt und bewirkt, wie es auch in der Kirchenkonstitution des 2. Vatikanischen Konzils heißt:

Sooft das Kreuzesopfer, in dem Christus, unser Osterlamm, dahingegeben wurde (1 Kor 5,7), auf dem Altar gefeiert wird, vollzieht sich das Werk unserer Erlösung. Zugleich wird durch das Sakrament des eucharistischen Brotes die Einheit der Gläubigen, die einen Leib in Christus bilden, dargestellt und verwirklicht (1 Kor 10,17). Alle Menschen werden zu dieser Einheit mit Christus gerufen, der das Licht der Welt ist: Von ihm kommen wir, durch ihn leben wir, zu ihm streben wir hin.

2. Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche (21.11.1964), Art. 3

Ausschließlich auf dem Hintergrund dieser Aussagen ist die Nennung des Diözesanbischofs und die Nennung des Bischofs von Rom, in dem die übernatürliche Einheit und Zusammengehörigkeit aller Bischöfe der Welt ihren Ausdruck findet, zu deuten. Es geht hier gerade nicht um verwaltungstechnische und kirchenrechtliche Fragen. Das Zueinander des Papstes, als des Fixpunktes dieser Einheit, und der Diözesanbischöfe hat im Laufe der Geschichte unterschiedliche Formen angenommen. Es sei nur daran erinnert, dass der Papst bis zum 1. Vatikanischen Konzil (1869-1870) keinerlei Jurisdiktion in den Diözesen der Weltkirche hatte. Trotz der Unterschiedlichkeit des verwaltungsmäßigen Zueinanders, hat die Nennung des Papstes im Hochgebet über die Jahrhunderte Bestand.

Der Papst wird nicht genannt, weil er eine Entscheidungsgewalt in den Diözesen der Weltkirche hat, sondern weil er als Erster unter den Bischöfen deren Einheit und damit die sakramentale Einheit der Kirche garantiert. Auch wird der Diözesanbischof nicht namentlich genannt, weil er der nächsthöhere Vorgesetzte des der Eucharistiefeier vorstehenden Priesters ist oder der oberste Verwalter des Kirchen- und Pfarreivermögens, sondern weil er der sichtbare Fixpunkt der Einheit der Ortskirche ist. (Daher ist auch nach dem Trienter Konzil festgelegt worden, dass ein Bischof in seiner Diözese residieren muss.) Damit ist die Nennung des Bischofs auch nicht in das Belieben des Priesters gestellt, und er kann sie auch nicht ausfallen lassen, vielleicht, weil der Bischof etwas getan hat, was seiner Meinung wiederspricht. Auch tut er mit der Nennung des Bischofs nicht seine Übereinstimmung mit dessen Meinung oder Handeln kund, sondern stellt sich und die Eucharistiefeier, der er vorsteht, mit allen ihren Teilnehmern in die Einheit der Ortskirche. Getrennt von dieser Einheit der Kirche ist die Feier der Eucharistie nicht nur nach dem Verständnis des Hl. Cyprian, sondern nach dem Verständnis der gesamten katholischen Kirche nicht möglich. Die östlichen Kirchen gehen hierbei so weit, dass sie festlegen können, dass eine Eucharistiefeier ohne Nennung des Patriarchen bzw. Bischofs nicht gültig ist, da sie nicht in der Einheit der Kirche stattfindet. In den katholischen (!) Ostkirchen ist die bewusste Unterlassung der Nennung des jeweiligen Hierarchen strafbar und zwar notfalls mit der Exkommunikation (CCEO can. 1438). Es geht hier offensichtlich nicht um eine Art "Kavaliersdelikt", und die Exkommunikation ist in diesem Falle nichts anderes als die offizielle Feststellung seitens der Kirche, dass hier einer ihrer Amtsträger bewusst und wiederholt die Gemeinschaft mit seiner Kirche verweigert, die in der Nennung des Bischofs deutlich wird. (Die kirchenrechtlichen Aspekte sind auch aufgearbeitet worden von W. Rothe, «Die Kommemoration von Papst und Bischof im eucharistischen Hochgebet», Liturgisches Jahrbuch 54 (2004) 141-160.)

Auch wenn das Recht der Westkirche einen solchen Straftatbestand nicht kennt, so verbindet uns mit den katholischen Ostkirchen, die in voller Gemeinschaft mit der römisch-katholischen Kirche stehen, das selbe Kirchenbild. Daher ist trotz der fehlenden Strafandrohung von der gleichen dogmatischen Verbindlichkeit der Nennung des Bischofs im Hochgebet auszugehen.

Was ist aber nun zu tun, wenn eine Diözese zeitweilig ohne Bischof ist. Die Frage, ob dies überhaupt möglich sei, wie sie von einigen gestellt wird, ist auf dem Hintergrund der Geschichte der Diözese Rom hinreichend beantwortet: nach dem Tode eines Papstes hat es immer eine gewisse Zeit gedauert, bis die Kardinäle im Konklave einen neuen Bischof von Rom gewählt hatten. Eine solche Sedisvakanz konnte sich teilweise sogar über mehrere Jahre erstrecken. So wie in Rom während der Sedisvakanz der Kardinalkämmerer zusammen mit drei Assistenten die Verwaltung der römischen Kurie leitet, wird in den vakanten Diözesen ein Diözesanadministrator nach den Maßgaben des Rechtes (CIC can. 421-429) gewählt. Der Papst kann auch einen Apostolischen Administrator bestellen. So wie der Kardinalkämmerer in Rom zwar Kardinal ist, aber nicht unbedingt zum Bischof geweiht sein muss, muss auch der gewählte Diözesanadministrator kein Bischof sein. Nach den Vorschriften des kirchlichen Gesetzbuches ist zum Administrator jeder Priester wählbar, der mindestens 35 Jahre alt ist und sich durch Wissen und Klugheit auszeichnet (CIC can. 425). Der Diözesanadministrator ist dem Bischof gleichgestellt. Nach can. 427 hat der Diözesanadministrator die Pflichten und besitzt die Gewalt des Diözesanbischofs, darf allerdings in der Diözese nichts verändern, was den zukünftigen Bischof binden würde. Offensichtlich handelt es sich hier um Pflichten und Gewalten, die die Leitung der Diözese sicherstellen sollen. Die sakramentale Einheit der Kirche findet allerdings im Diözesanadministrator nicht ihren Ausdruck, da er weder Bischof sein muss, noch von irgendjemandem, nicht einmal vom Papst, bestätigt werden muss. Als Leiter eines Bistums in der Zeit der Sedisvakanz erfüllt der Diözesanadministrator für eine Ortskirche lebenswichtige Aufgaben, ihm fehlen aber jene wesentlichen Merkmale, die ihn zum sichtbaren Ausdruk der sakramentalen Einheit der Kirche werden lassen (Bischofsweihe und damit gleichzeitig die Bestätigung durch den Bischof von Rom).

Bei der Feier der Eucharistie wird jedes Mal deutlich, wenn die Weltkirche ohne den Bischof von Rom, den Papst, ist und wenn eine Ortskirche ohne ihren Bischof lebt. Die Kirche und das Bischofskollegium wird erwähnt, die Namensnennung des jeweiligen Bischofs unterbleibt. So wie in Rom in der Zeit der Sedisvakanz weder der Name des Camerlengo noch der seiner Assistenten in das Hochgebet eingefügt wird, unterbleibt auch in den Diözesen die Namensnennung des Diözesanadministrators oder der Weihbischöfe. Nicht die Fürbitte für den Papst/Bischof steht im Hochgebet im Vordergrund, sondern die sakramentale Einheit der Kirche, auch wenn das Gedenken der Kirche in einigen Hochgebeten in die Gestalt einer Bitte gekleidet ist. Diese Einheit kann nur in den Personen ihren Fixpunkt finden, die nicht nur in der Bischofsweihe den Heiligen Geist zu diesem Dienst und Amt emfpangen haben, sondern auch rechtmäßig zu Diözesanbischöfen bestellt sind. Selbstverständlich feiert eine Diözese in der Sedisvakanz die Eucharistie in Gemeinschaft mit ihrem Administrator, genauso wie sie die Eucharistie immer in Gemeinschaft mit allen Gliedern des Volkes Gottes feiert, aber eine Namensnennung des Administrators im Hochgebet kann aus den genannten Gründen nicht erfolgen. Mit dem Papst dürfte daher eigentlich "[...] nur der Bischof als Repräsentant seiner Kirche im Hochgebet genannt werden" (Maas-Ewert, «Nominari debent», 279).

Das diesbezügliche Dekret der Kongregation "De nomine Episcopi in Prece eucharistica - Über die Namensnennung des Bischofs im Eucharistischen Hochgebet" vom 9. Oktober 1972 (Acta Apostolicae Sedis 64 (1972) 692-694) legt in Nr. I (c) darüber hinaus fest, dass auch ein Apostolischer Administrator, der vom Papst auf Zeit oder für ständig ernannt ist, namentlich genannt werden muss, sofern er Bischof ist. Vom Konsultorenkollegium gewählte Diözesanadministratoren, unabhängig davon ob sie Bischof sind oder nicht, fallen nach den Bestimmungen des o.g. Dekretes nicht unter diejenigen, die im Hochgebet genannt werden müssen oder dürfen. Auch Weihbischöfe dürfen erwähnt werden, allerdings nur nach der Nennung des Ordinarius. Wenn eine Diözese mehrere Weihbischöfe hat, kann ihrer nur gemeinsam ohne Namensnennung gedacht werden. Kann während der Sedisvakanz kein Ordinarius namentlich genannt werden, entfällt dementsprechend auch die Möglichkeit zur Erwähnung der Weihbischöfe.

Auch die Textgestalt der Euchbaristiegebete, besonders diejenige des 2.-4. Hochgebetes, macht deutlich, dass der Name des Diözesanadministrators, vor allem wenn er kein Bischof ist, nicht anstelle des Diözesanbischofs eingefügt werden kann, da er, obwohl er Rechte und Pflichten eines Bischofs hat, nicht zum Kollegium der Bischöfe gehört:

2. Hochgebet: "Gedenke deiner Kirche auf der ganzen Erde vollende dein Volk in der Liebe, vereint mit unserem Papst N., unserem Bischof N. und allen Bischöfen..."

3. Hochgebet: "Beschütze deine Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit und stärke sie im Glauben und in der Liebe: deinen Diener, unseren Papst N., unseren Bischof N. und die Gemeinschaft der Bischöfe..."

4. Hochgebet: "Wir bitten dich für unseren Papst N., unseren Bischof N. und die Gemeinschaft der Bischöfe..."

Sollte die Nennung des Diözesanadministators dennoch mit Zustimmung der Kongregation für den Gottesdienst erfolgen, die nach Nr. III des Dekretes vom 9. Oktober 1972 in allen besonderen Fällen anzugehen ist, so würde dies allerdings die Frage nach dem Sinn der Nennung der Namen im Hochgebet erneut aufwerfen und der uralten Interzession für die Kirche im Eucharistiegebet, die die sakramentale und geistgewirkte Einheit der Kirche bedeuten will, zugunsten der Fürbitte für einzelne (leitende) Amtsträger eine neue Bedeutung geben.

Da das eucharistische Hochgebet keine Marginalie im Leben der Kirche ist, sondern im Zentrum der Messfeier steht, die die Einheit der Kirche zugleich ausdrückt und bewirkt, darf man es wohl auch deutlicher ausdrücken: In der Mitte des Lebens und des Seins der Kirche würde deren gottgewirkte Struktur ausgeblendet und einer von Menschen gewirkten Verwaltungseinheit der Vorzug gegeben. Eine solche Verwaltung ist in der irdischen Struktur der Kirche sicher notwendig, aber sie gehört nicht ins Eucharistiegebet. Die Bitte für den Diözesanadministrator hat vielmehr im Allgemeinen Gebet (Fürbitten) ihren wichtigen und richtigen Platz, ebenso wie die Bitte für einen guten neuen Bischof.

Zwei Nachträge im Nachklang zu der Zwischenzeitlich auf facebook geführten Diskussion

Nachtrag 1: "Schließlich wird im Hochgebet ja auch für die Priester gebetet, also kann man den Diözesanadministrator ja vor der Nennung der Priester einfügen." Darauf ist wiederum mit dem Hinweis auf die sakramentale Ordnung der Kirche zu antworten. Ja, in der Interzession für die Kirche, oft in Form einer Bitte, werden nach dem Papst und dem Bischof natürlich auch Priester, Diakone und das gesamte Volk Gottes erwähnt: "... alle, die zum Dienst in der Kirche bestellt sind,
und das ganze Volk deiner Erlösten", so heißt es im 3. eucharistischen Hochgebet. Neben dem Bischof gehören selbstverständlich das Presbyterium, die Diakone und alle anderen zur Ortskirche. Diese Ortskirche findet den Fixpunkt ihrer sakramentalen Einheit aber nicht in in einem ihrer Priester oder Diakone, sondern im Bischof. Es geht - wie schon wiederholt gesagt - weder um die ehrende Erwähnung noch um die Fürbitte für eine Person, sondern um die übernatürliche Wirklichkeit der Kirche. Träger von Verwaltungsaufgaben werden daher nicht namentlich erwähnt, weder der Pfarrer noch der Dechant und eben auch nicht der Diözsesanadministrator.

Nachtrag 2: Nun ist die Ämterstruktur der Kirche mitnichten vom Himmel gefallen und auch im Neuen Testament ist nur ansatzhaft angelegt, was sich in den folgenden Jahrzehnten und in den ersten Jahrhunderten des Christentums herausgebildet hat. Aber die Handauflegung als Bedeutung der Geistübertragung in apostolischer Nachfolge ist für die Ämter der Kirche derart grundlegend, dass das dreifache, durch ebendiese Handauflegung übertragene Amt (Bischof/Presbyter/Diakon) mit Sicherheit als zum depositum fidei gehörend angesehen werden kann, was auch heute durch die Rede vom Sakrament zum Ausdruck gebracht wird. D. h. dass diese Grundstruktur auch nicht durch einen kirchenhoheitlichen Verwaltungsakt verändert werden kann.
Demgegenüber sind weitere Spezifizierungen in der Ämterstruktur kirchlicher und damit revidierbarer Entscheidungsgewalt anheimgegeben, was in der Liturgie u. a. dadurch zum Ausdruck kommt, dass keine Handauflegung stattfindet. Zu dieser Gruppe von Dienstträgern in der Kirche gehören z.B. der Pfarrer, der Kaplan, der Vikar, der vicarius foraneus (Dechant/Dekan), der Generalvikar usw. Auch die Existenz eines Metropolitankapitels/Domkapitels/Konsultorenkollegiums ist rechtliche und revidierbare Festlegung. Hierzu gehört ebenfalls die Festlegung, wer die Leitung einer Diözese als Verwaltungseinheit im Falle der Sedisvakanz übernimmt. Zur Zeit ist das i.d.R. (wenn nicht sofort ein Apostolischer Administrator ernannt wird) der (dienstälteste) Weihbischof und, falls es keinen Auxiliarbischof in der Diözese gibt, das Konsultorenkollegium. Noch ist glücklicherweise niemand auf die Idee gekommen, in der Zeit zwischen Amtsverzicht eines Diözesanbischofs und Wahl des Diözesanadministrators (es können immerhin acht Tage vergehen und die Kirche könnte festlegen, dass noch mehr Zeit vergehen kann) das gesamte Konsultorenkollegium, bzw. den leitenden Weihbischof, im Hochgebet zu nennen. Die Kirche ist zudem frei, auch eine andere Struktur zur Leitung der Diözese in der Sedisvakanz festzulegen. Allerdings könnte sie nicht festlegen, in Zukunft auf Bischöfe zu verzichten, denen die Leitung eines Bistums übertragen wird. (Selbst Auxiliarbischöfe oder Kurienbischöfe bekommen ein (nicht mehr existierendes) Bistum übertragen!)
Das heißt nun, dass alle diese Strukturen, die über die Differenzierung des Amtes in Bischof/Presbyter/Diakon hinaus gehen, von Menschen gemacht und durch kirchenhoheitlichen Akt verändert werden können. In der Interzession für die Kirche (vgl. ihre geschichtliche Entstehung und Bedetung; gut zusammengefasst in AEM 55g) geht es aber nicht um verwaltungsmäßige Ämterdifferenzierung, sondern um die gottgewirkte Einheit der (himmlischen und irdischen) Kirche. N.b. die Eucharistie stellt nicht nur Kirche dar, sondern macht die Kirche auch immer mehr zu dem was sie ist: Leib Christi. In der irdischen Verfasstheit der Kirche sind Verwaltungsstrukturen wichtig und wohl auch unverzichtbar, aber sie können nicht 'eucharistisch zementiert' werden durch die Namensnennung im Hochgebet. Das bedeutete die Aufgabe der übernatürlichen/sakramentalen Wirklichkeit der Kirche zugunsten einer von Menschen gemachten (und veränderbaren) Verwaltungseinheit.
Als auf den Bischof hingeordnet wären dann auch die Pfarrer zu sehen und müssten im Hochgebet der Messfeier innerhalb ihrer Pfarrei namentlich erwähnt werden zusammen mit den Vikaren (usw.). Auch der Dechant ist das "Auge und das Ohr des Bischofs" und sein engster Mitarbeiter. Auch der wäre dann im HG namentlich zu nennen. Aber, wie schon gesagt, das würde Kirche nicht mehr von Christus her, sondern von den Menschen her denken.
Wenn ein Diözesanadministator dem Bischof soweit gleichgestellt wäre, das in ihm die Einheit der Ortskirche ihren Fixpunkt findet und er darum namentlich im Eucharistiegebet erwähnt werden müsste, dann wäre es nur folgerichtig, ihn auch unverzüglich zum Bischof zu weihen.

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