27. Oktober 2013: 30. Sonntag im Jahreskreis

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

27. Oktober 2013: 30. Sonntag im Jahreskreis

Für den 30. Sonntag im Jahreskreis sieht das Messbuch von 1970-2002 als Tagesgebet vor:

Omnipotens sempiterne Deus, da nobis fidei, spei et caritatis augmentum, et, ut mereamur assequi quod promittis, fac nos amare quod praecipis.

Allmächtiger, ewiger Gott, mehre in uns den Glauben, die Hoffnung und die Liebe. Gib uns die Gnade, zu lieben, was du gebietest, damit wir erlangen, was du verheißen hast. (Übertragung: Messbuch. Für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes, Authentische Ausgabe 1975)

Die Oration findet sich schon im Sacramentarium Veronense (Nr. 598), dem ältesten liturgischen Buch der römischen Tradition aus dem 6. Jh., das aber auch Texte enthält, die schon auf das 5. Jh. zurückgehen. Auch im altgelasianischen Sakramentar (Nr. 1209), das uns in einer Handschrift enthalten ist, die um das Jahr 750 bei Paris entstanden ist und ein Zeugnis für die Zufügung von fränkischen Traditionen zu ursprünglich römischen Texten darstellt, ist dieses Gebet als Tagesgebet einer Sonntagsmesse enthalten. Im Messbuch von 1962 steht es als Oration am 13. Sonntag nach Pfingsten. Man sieht hier, wie eine Oration römischen Ursprungs auch im nordalpinen Bereich Verwendung findet.

Seit 1500 Jahren beten Christen wenigstens einmal im Jahr mit diesen Worten. Die Bitte um die Vermehrung von Glaube, Hoffnung und Liebe geht auf 1 Kor 13,13 zurück: "Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, am größten unter ihnen aber ist die Liebe." Im gesamten 13. Kapitel des 1. Korintherbriefes entfaltet Paulus diesen einen Gedanken: Wir können viel tun, aber wenn es nicht in der Liebe geschieht, dann ist es sinnlos. Nicht umsonst wird 1 Kor 13 auch das Hohelied der Liebe genannt und gerne zur Feier der Hochzeit gelesen.

Auf dem von Paulus entfalteten Hintergrund ist auch der Text der Oration zu lesen: Für unser Dasein in dieser Welt sind uns Glaube, Hoffnung und Liebe geschenkt, am größten und am wichtigsten ist die Liebe, ohne die alles andere keinen Sinn hat. So steht auch hier vor der Erwähnung göttlicher Gebote die Liebe, die selbst ein Geschenk Gottes ist. Es ist sinnlos, Gottes Gebote wie den Buchstaben eines Gesetzes zu befolgen. Es geht zuallererst um die Liebe. Liebe impliziert persönliche Beziehung. Auf dieser Beziehung zu Gott baut alles andere auf. Aus der Beziehung der Liebe heraus ist dann auch jedes Gebot und Gesetz zu sehen; nicht stumpfsinnig dem Buchstaben nach zu befolgen sondern auf dem Hintergrund der Frage: "Was ist hier und jetzt die größere Liebe; zu Gott, zu meinem Mitmenschen und zu mir selbst."

Papst Franziskus kann so immer wieder sagen, dass es zuerst darauf ankommt, die Schönheit Christi zu verkündigen, das moralische Leben ist dann der zweite Schritt; ein Schritt der Antwort in Liebe, der sich an dieser Liebe orientiert.

Der alte Text des Gebetes drückt es so aus: "Gib und die Gnade zu lieben, was du gebietest, damit wir erlangen, was du verheißen hast." Ohne Liebe kann der Mensch Gottes Gebote nicht befolgen, ja sie nicht einmal erkennen oder erfassen.

»Die Lehren der Kirche - dogmatische wie moralische - sind nicht alle gleichwertig. Eine missionarische Seelsorge ist nicht davon besessen, ohne Unterscheidung eine Menge von Lehren aufzudrängen. Eine missionarische Verkündigung konzentriert sich auf das Wesentliche, auf das Nötige. Das ist auch das, was am meisten anzieht, was das Herz glühen lässt - wie bei den Jüngern von Emmaus. Wir müssen also ein neues Gleichgewicht finden, sonst fällt auch das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus zusammen, droht, seine Frische und den Geschmack des Evangeliums zu verlieren. Die Verkündigung des Evangeliums muss einfacher sein, tief und ausstrahlend. Aus dieser Verkündigung fließen dann die moralischen Folgen.«

Papst Franziskus (im Interview mit Antonio Spadaro SJ)

Veröffentlicht in Orationen, Hl. Messe

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