4. Dezember 2013: 50 Jahre Sacrosanctum Concilium - Liturgiekonstitution des 2. Vatikanischen Konzils

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

4. Dezember 2013: 50 Jahre Sacrosanctum Concilium - Liturgiekonstitution des 2. Vatikanischen Konzils

Heute vor 50 Jahren, am 4. Dezember 1963, wurde als erstes Dokument des 2. Vatikanischen Konzils die Konstitution über die heilige Liturgie "Sacrosanctum Concilium" verabschiedet. Es bietet sich an, einige damals aus diesem Anlass geschriebene Texte zu Wort kommen zu lassen.

Noch am Tag der Promulgation schreiben die deutschsprachigen Bischöfe von Rom aus an ihren Klerus in den Heimatländern.

Hochwürdige, liebe Mitbrüder!
Heute ist in der Öffentlichen Sitzung zum Abschluß der diesjährigen Arbeitsperiode des II. Ökumenischen Vatikanischen Konzils die

Konstitution "Über die heilige Liturgie"

angenommen worden, nachdem die Väter das Schema schon am 23. November mit 2158 Ja- und nur 19 Nein-Stimmen (bei einem ungültigen Votum gebilligt hatten. Heute hat der Hl. Vater, Papst Paul VI, nach der feierlichen Schlußabstimmung des Konzils die erste Konstitution des II. Vatikanums "De Sacra Liturgia" rechtskräftig verkündigt.
Aus Dank, Freude und Verantwortung fühlen wir uns gedrängt, Ihnen, liebe Mitbrüder - und zwar einem jeden von Ihnen ganz persönlich - noch von Rom aus diesen Brief zu schreiben.
Zuerst möchten wir an jene Männer erinnern, die gerade im deutschen Sprachraum bereits vor einem Jahrhundert die Erneuerungsarbeit auf liturgischem Gebiet begonnen oder in den letzten Jahrzehnten - oft unter großen Mühen und Schwierigkeiten - vorangetragen haben. Im Studium der Quellen, im Eindringen in den Geist der Liturgie, in der theologischen Erkenntnis des Mysteriums der Kirche, in der Erweckung des Kirchenbewusstseins in den Gemeinden, in der Übersetzung, Erklärung und Verbreitung der Texte [...]

"Pastorale der deutschsprachigen Bischöfe an ihren Klerus (4. Dezember 1963)", in "Die Konstitution des zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie", hg. E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster ²1965, 7*

In der feierlichen Schlussabstimmung wurden dann schließlich nur noch 4 Nein-Stimmen gezählt, bei 2147 Ja-Stimmen.

Papst Paul VI sagt in seiner Rede zum Abschluss der zweiten Sitzungsperiode des Konzils am 4.12.63:

"Unser Herz jubelt darüber in aufrichtiger Freude. [...] Haben wir doch feierlich bekannt: [...] die Liturgie ist die erste Quelle für jenen göttlichen Austausch, in dem uns das göttliche Leben mitgeteilt wird, [...] die erste Einladung an die ganze Menschheit, sie möge ihre bisher stumme Zunge zum seligmachenden, wahren Gebet lösen [...].

Es ist daher der Mühe wert, wenn wir diese Frucht unseres Konzils unversehrt bewahren; muß sie doch das Leben der Kirche antreiben und gewissermaßen kennzeichnen. Die Kirche ist nämlich in erster Linie eine religiöse Gemeinschaft, eine betende Gemeinde, ein Volk [...].

Wenn wir nunmehr bestimmte liturgische Formen vereinfachen, auf daß sie für die Gläubigen verständlicher werden und mehr und mehr mit den Sprachen unserer Zeit übereinstimmen, so ist dabei unsere Absicht keineswegs, die Wichtigkeit des Gebetes zu vermindern [...] oder ihm etwas von seiner großen Ausdruckskraft und alten kunstvollen Schönheit zu nehmen. Wir möchten vielmehr eine Liturgie, die wieder reiner wird, ihren eigentlichen Wesensmerkmalen entsprechender, ihren Quellen der Wahrheit und Gnade näher, eine Liturgie, die leichter zum geistlichen Schatz des Volkes werden kann.

Damit all das sich glücklich erfülle, soll niemand gegen die Regelung des öffentlichen Gottesdienstes der Kirche verstoßen, indem er private Änderungen oder besondere Riten einführt." (Paul VI, "Aus der Rede zum Abschluß der zweiten Situngsperiode am 4. Dezember 1963", in Die Konstitution des zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie, hg. E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster ²1965, 5*-6*).

Die deutssprachigen Bischöfe fahren in ihrem Hirtenschreiben an den Klerus fort:

Wir denken auch an jene Seelsorger und Gemeinden, die - aus verschiedenen Gründen - dieser Arbeit bisher abwartend, vielleicht sogar etwas skeptisch gegenübergestanden haben. Wir gestehen gerne, daß sich auch unter uns Bischöfen einige eine Zeitlang in ähnlicher Lage befunden haben. Dies geschah nicht ohne Grund. Die Sorgen und Fragen dieser Mitbrüder sind Anlaß gewesen, die Fundamente immer und immer wieder zu prüfen, die Wege zu erproben und die Erfahrungen zu durchdenken. - Nun aber hat die höchste Autorität der Kirche gesprochen. Viele Fragen sind in Lehre und Weisung entschieden. Aber in der Praxis muß jetzt die Arbeit für uns alle von neuem beginnen. [...]
Wir sehen endlich vor uns auch einige, von denen wir wissen, daß sie sich um die Kirche Gottes auf Erden gerade im Augenblick große Sorgen machen. Sie fürchten sich vor der Änderung mancher so alten und liebgewonnenen Formen des religiösen Lebens. Wenn sie aber die Konstitution lesen, werden sie erkennen, welch wesentlicher Unterschied darin besteht, ob dieser oder jener auf eigne Faust zu reformieren begann, oder ob es die Kirche behutsam und nach langen Erwägungen des Weltepiskopates selber anbefiehlt und die Wege lehrt, und zwar aus dem Geist eines hl. Papstes Pius X, im Gehorsam gegenüber dem Vermächtnis der beiden letzten Päpste Pius' XII und Johannes' XXIII und in Übereinstimmung mit dem Willen unseres jetzigen heiligen Vaters, Papst Paul VI.

"Pastorale der deutschsprachigen Bischöfe an ihren Klerus (4. Dezember 1963)", in "Die Konstitution des zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie", hg. E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster ²1965, 8*

[...] die Liturgie enthält einen kraft göttlicher Einsetzung unveränderlichen Teil und Teile, die dem Wandel unterworfen sind. Diese Teile können sich im Laufe der Zeit ändern, oder sie müssen es sogar, wenn sich etwas in sie eingeschlichen haben sollte, was der inneren Wesensart der Liturgie weniger entspricht oder wenn sie sich als weniger geeignet herausgestellt haben. Bei dieser Erneuerung sollen Texte und Riten so geordnet werden, daß sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen, und so, daß das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann.

2. Vat. Konzil, Konstitution über die Hl. Liturgie "Sacrosanctum Concilium" (4. Dezember 1963), Art. 21

Aus allen diesen Zeugnissen geht wohl klar hervor, dass die Reform der Liturgie nicht in die Beliebigkeit einzelner in der Kirche gestellt wurde. Es handelt sich auch nicht um etwas, was man machen kann, oder aber auch lassen, sondern die Konzilsväter selber haben eine Notwendigkeit der Reform klar erkannt. Diese Reform wurde auch nicht vom Konzil erfunden, sondern basiert auf den Erkenntnissen, Arbeiten und Erfahrungen der liturgischen Bewegung im ganzen 20. Jahrhundert.

Den ersten Umsetzungsbeschluss fasste die Deutsche Bischofskonferenz in Hofheim/Ts., nachdem sie sich im Sinne von Art. 22, 2 der Konstitution als lokale Autorität für Deutschland konstituiert hatte, am 18. Februar 1964 in geheimer Abstimmung mit 25 Ja-Stimmen und ohne Gegenstimme:

1. In allen Messen, die mit dem Volke gefeirt werden, sollen fortan die Schriftlesungen unmittelbar in der Muttersprache verkündet und die Fürbitten abwechselnd mit dem Volk in der Muttersprache gesprochen werden.
2. Als deutsche Übersetzungen werden vorläufig anerkannt für das Missale die Ausgaben von Schott und Bomm, für das Brevier, falls der Bischof in Einzelfällen die Erlaubis dazu geben will, die Übersetzungen von Schenk, Parsch und Stephan;
3. für die Fürbitten gelten die vom Bischof approbierten Texte.

Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz (17.-19. Febr. 1964), in "Die Konstitution des zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie", hg. E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster ²1965, 12*

Schon am 25. Januar 1964 hatte Paul VI. in seinem Motu proprio Sacram Liturgiam erste Ausführungsbestimmungen erlassen:

"Es ist klar, daß sehr viele Vorschriften der Konstitution nicht kurzfristig verwirklicht werden können, müssen doch manche Riten revidiert und neue Liturgische Bücher ausgearbeitet werden. Damit dies mit der nötigen Weisheit und Klugheit vor sich gehe, setzen Wir eine besondere Kommission ein, deren Hauptaufgabe es sein wird, die Bestimmungen der Konstitution über die Liturgie getreulich zu verwirklichen.

Einige Normen der Konstitution können jedoch schon jetzt durchgeführt werden. Daher wünschen Wir, daß sie unverzüglich in Kraft treten, damit die Gläubigen nicht länger die Gnadenfrucht entbehren müssen, die man sich von diesen Normen erhofft." (Paul VI., "Apostolisches Schreiben "Motu proprio" Sacram Liturgiam (25. jan. 1964)", in Die Konstitution des zweiten Vatikanischen Konzils über die heilige Liturgie, hg. E. J. Lengeling (Lebendiger Gottesdienst 5/6), Münster ²1965, 255)

Sofort umgesetzt werden sollte unter anderem, mit Datum vom 16.2.64:

1. Einsetzung von besonderen Kommissionen für Liturgie, Kirchenmusik und Sakrale Kunst in den einzelnen Diözesen, notfalls in Zusammenarbeit mehrerer Diözesen. (Art. 45 und 46 der Konstitution);

2. Verpflichtung zur Homilie an Sonn- und Festtagen (Art. 52 der Konstitution);

3. Feier der Firmung innerhalb der Messe nach dem Evangelium und der Homilie (Art. 71);

4. Feier der Trauung in der Regel innerhalb der Messe, ebenfalls nach Evangelium und Homilie (Art. 78).

5. Im Stundengebet die Möglichkeit zur Auslassung der Prim und zur Auswahl nur einer kleinen Hore, die der Tageszeit am besten entspricht (Art. 89 der Konstitution).

6. Möglichkeit zur Feier des Stundengebetes in der Muttersprache, mit von der zuständigen Autorität (Bischofskonferenz) vorbereiteten und approbierten Texten, die vom apostolischen Stuhl zu bestätigen sind.

Diese letzte Regelung setzt ausdrücklich also das von Art. 36,3 vorgesehene Beschlussrecht der territorialen Autorität (Bischofskonferenzen), bezüglich der Einführung der Muttersprache in Kraft und erkennt auch deren Zuständigkeit für die Approbation der Übersetzungen von liturgischen Texten und Büchern an (vgl. A. Bugnini, La riforma liturgica (1948-1975), (BEL "Subsidia" 30) Roma 1983, 66-70).

Der römische Liturgierat, das Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia, der von Paul VI. eingesetzt worden war, um die Beschlüsse der Liturgiekonstitution umzusetzen und die Liturgiereform auf universalkirchlicher Ebene in Angriff zu nehmen, umfasste übrigens 39 Studiengruppen, mit etwa 200 Fachleuten aus der ganzen Welt (vgl. A. Bugnini, La riforma liturgica, 73-75.907-917).

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IN NOMINE SANCTISSIMAE ET INDIVIDUAE TRINITATIS

PATRIS ET FILII ET SPIRITUS SANCTI.

Decreta, quae in hac Sacrosancta et Universali Synodo Vaticana Secunda legitime congregata modo lecta sunt, placuerunt Patribus.

Et Nos, Apostolica a Christo Nobis tradita potestate, illa, una cum Venerabilibus Patribus, in Spiritu Sancto approbamus, decernimus ac statuimus, et quae ita synodaliter statuta sunt ad Dei gloriam promulgari jubemus.

PAULUS PP. VI

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IM NAMEN DER ALLERHEILIGSTEN UND UNGETEILTEN DREIFALTIGKEIT

DES VATERS UND DES SOHNES UND DES HEILIGEN GEISTES.

Den Dekreten, die in diesem rechtmäßig versammelten Heiligen und Allgemeinen Zweiten Vatikanischen Konzil soeben verlesen worden sind, haben die Väter zugestimmt.

Und wir billigen, beschließen und erlassen diese Dekrete kraft der Uns von Christus übertragenen Vollmacht zusammen mit den Ehrwürdigen Vätern im Heiligen Geiste und ordnen an, die Konzilsbeschlüsse zur Ehre Gottes zu veröffentlichen.

Papst Paul VI.

Die feierliche Promulgationsformel ist zugleich ein beeindruckendes Zeugnis der Kollegialität der Bischöfe untereinander und mit dem Bischof von Rom.

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