Eine der ältesten Beschreibungen der Eucharistiefeier

Veröffentlicht auf von Markus Tymister

Eine der ältesten Beschreibungen der Eucharistiefeier

Justin, wohl um 100 geboren und 165 in Rom gestorben, hatte sich auf der Suche nach der Wahrheit mit unterschiedlichen philosophischen Richtungen vertraut gemacht. Sein philosophisches Nachdenken über die Gottesfrage führte ihn schließlich zum Christentum, der "einzig wahren Philosophie".

Um das Jahr 150 beschreibt er in einer an den römischen Kaiser gerichteten Verteidigungsschrift des Christentums schematisch den Ablauf der Eucharistiefeier im Zusammenhang mit der Taufe.

Für ihr Verständnis vom Christentum waren Nichtchristen auf solche Schriften angewiesen, da sie als Ungetaufte keinen Zutritt zu den Feiern des christlichen Gottesdienstes hatten. So blühten unter ihnen zum Teil die buntesten und wildesten Theorien über das, was die Christen in ihren geheimen Versammlungen machten. Die Schriften der Apologeten sind da sehr ernüchternd: nichts dramatisches - ein einfaches Mahl mit Brot und Wein.

Wir aber führen nach diesem Bade den, der gläubig geworden und uns beigetreten ist, zu denen, die wir Brüder nennen, dorthin, wo sie versammelt sind, um gemeinschaftlich für uns, für den, der erleuchtet worden ist, und für alle andern auf der ganzen Welt inbrünstig zu beten, damit wir, nachdem wir die Wahrheit erkannt haben, gewürdigt werden, auch in Werken als tüchtige Mitglieder der Gemeinde und als Beobachter der Gebote erfunden zu werden, und so die ewige Seligkeit zu erlangen. Haben wir das Gebet beendigt, so begrüßen wir einander mit dem Kusse. Darauf werden dem Vorsteher der Brüder Brot und ein Becher mit Wasser und Wein gebracht; der nimmt es und sendet Lob und Preis dem Allvater durch den Namen des Sohnes und des Heiligen Geistes empor und spricht eine lange Danksagung dafür, daß wir dieser Gaben von ihm gewürdigt worden sind. Ist er mit den Gebeten und mit der Danksagung zu Ende, so gibt das ganze Volk seine Zustimmung mit dem Worte „Amen“. Dieses Amen bedeutet in der hebräischen Sprache soviel wie: Es geschehe! Nach der Danksagung des Vorstehers und der Zustimmung des ganzen Volkes teilen die, welche bei uns Diakonen heißen, jedem der Anwesenden von dem verdankten Brot, Wein und Wasser mit und bringen davon auch den Abwesenden.

Justin, 1. Apologie 65

Deutlich sind Grundbestandteile unserer heutigen Messfeier zu erkennen:

  • Es gibt einen, der den Dienst des Vorstehers übernimmt.
  • Das allgemeine Gebet der Gläubigen (Fürbitten). Dieses Gebet stand in einem so hohen ansehen, dass Ungetaufte an ihm nicht teilnehmen durften.
  • Der Friedensgruß.
  • Herbeibringen von Brot und mit Wasser vermischtem Wein (Gabenbereitung).
  • Das große Lob- und Dankgebet (an den Vater durch den Sohn im Hl. Geist). Unverzichtbares Element dieses Gebetes ist das abschließende und zustimmende Amen der Gemeinde (Eucharistisches Hochgebet mit Amen der Gemeinde).
  • Austeilung von Brot und Wein (Kommunion).
  • Möglichkeit auch Abwesenden die Kommunion zu bringen.

Gemäß den Abendmahlsberichten der Evangelien, führt Justin dieses Mahl auf die Stiftung Jesu zurück. Die "Einsetzungsworte" sind in dieser Zeit aber wohl noch nicht Teil des Lob- und Dankgebetes. Erst in späterer Zeit, als das Ereignis der Stiftung der Eucharistie weiter zurückliegt, beginnen Christen, in das Lob- und Dankgebet auch die Einsetzungsworte einzufügen.

Über das Wesen der Eucharstie schreibt Justin:

"Diese Nahrung heißt bei uns Eucharistie. Niemand darf daran teilnehmen, als wer unsere Lehren für wahr hält, das Bad zur Nachlassung der Sünden und zur Wiedergeburt empfangen hat und nach den Weisungen Christi lebt. Denn nicht als gemeines Brot und als gemeinen Trank nehmen wir sie; sondern wie Jesus Christus, unser Erlöser, als er durch Gottes Logos Fleisch wurde, Fleisch und Blut um unseres Heiles willen angenommen hat, so sind wir belehrt worden, daß die durch ein Gebet um den Logos, der von ihm ausgeht, unter Danksagung geweihte Nahrung, mit der unser Fleisch und Blut durch Umwandlung genährt wird, Fleisch und Blut jenes fleischgewordenen Jesus sei. Denn die Apostel haben in den von ihnen stammenden Denkwürdigkeiten, welche Evangelien heißen, überliefert, es sei ihnen folgende Anweisung gegeben worden: Jesus habe Brot genommen, Dank gesagt und gesprochen: „Das tut zu meinem Gedächtnis, das ist mein Leib“, und ebenso habe er den Becher genommen, Dank gesagt und gesprochen: „Dieses ist mein Blut“, und er habe nur ihnen davon mitgeteilt."

Justin, 1. Apologie 66

Grundlegend für den Ritus ist der Dreischrit: nehmen - danksagen - austeilen (Gabenbereitung - Hochgebet - Kommunion). Der Inhalt der Danksagung ist zu Justins Zeiten noch nicht festgelegt. Der Vorsteher hält die Danksagung nach eigenem Ermessen und Vermögen. Teilnahme an der Eucharistie binhaltet selbstverständlich und notwendigerweise auch den Kommunionempfang. Eine Teilnahme an der Eucharistiefeier ohne Kommunionempfang wäre für die Christen zu Zeiten Justins genauso undenkbar gewesen, wie die Vorstellung, in einer Gemeinde an demselben Sonntag mehrere Eucharistien zu feiern.

Gedenktag des Hl. Märtyrers Justinus ist nach dem geltenden römischen Kalender der 1. Juni, nach dem alten Kalender der 14. April. Das Todesdatum des Heiligen ist nicht bekannt. Die Kalenderreform hat den 1. Juni in Angleichung an den orthodoxen Kalender gewählt. Der Heilige wird in der römischen Kirche genau so wie in der gesamten Orthodoxie verehrt. Auch die anglikanischen, evangelischen und armenischen Christen gedenken seiner am 1. Juni.

Das Tagesgebet des Heiligen hat (im Messbuch von 1962, wie auch im Messbuch von 1970-2002) den Wortlaut:

Deus, qui per stultitiam Crucis eminentem Iesu Christi scientiam beatum Iustinum Martyrem mirabiliter docuisti, eius nobis intercessione concede, ut, errorum circumventione depulsa, fidei firmitatem consequamur.

Gott, du hast den heiligen Märtyrer Justin in der Torheit des Kreuzes die erhabene Weisheit Jesu Christi erkennen lassen. Hilf uns auf seine Fürsprache, dass wir nicht falschen Lehren folgen, sondern im Wahren glauben feststehen. (Übertragung: Messbuch. Für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes, Authentische Ausgabe 1975)

Das Tagesgebt nimmt Bezug auf die drei uns überlieferten Schriften Justins, in denen er, als Philiosoph, das Christentum beschreibt und verteidigt: den Dialog mit Tryphon und seine beiden an den Kaiser gerichteten Apologien.

 

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